Gesetzliche Grundlagen

Bundesverfassung und Behindertengleichstellungsgesetz

Eine inklusive Bildung auf allen Stufen schafft die Grundlage dafür, dass alle Menschen, ob mit oder ohne Behinderung, ihr Potenzial frei entfalten können. Nur durch eine chancengleiche Ausbildung für alle kann das viel diskutierte Ziel der Teilnahme am Erwerbsleben erreicht werden und damit eine gleichberechtigte Teilhabe an allen gesellschaftlichen Lebensbereichen. Schliesslich ist Bildung auch die Voraussetzung zur freien Meinungsbildung und -äusserung, wodurch diesem grundlegenden Menschenrecht Rechnung getragen wird.
Mit dem Diskriminierungsverbot in der Bundesverfassung (BV) und dem Behindertengleichstellungsgesetz (BehiG) verfügt die Schweiz über wichtige Rechtsgrundlagen, um die Nichtdiskriminierung und Inklusion im Bildungsbereich zu gewährleisten. Diese werden ergänzt durch unterschiedliche Rechtsnormen in den Kantonen und auf internationaler Ebene durch die Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK).

Eine Auswahl der wichtigsten nationalen wie internationalen Rechtsgrundlagen hinsichtlich der Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen in der Schweiz für den Bildungsbereich im Überblick:

 

«Niemand darf diskriminiert werden, namentlich nicht wegen der Herkunft, der Rasse, des Geschlechts, des Alters, der Sprache, der sozialen Stellung, der Lebensform, der religiösen, weltanschaulichen oder politischen Überzeugung oder wegen einer körperlichen, geistigen oder psychischen Behinderung.»
Der Schutzgehalt von Art. 8, Abs. 2 beschränkt sich nicht nur auf Verbote von offensichtlichen Diskriminierungen, sondern umfasst auch mittelbare (indirekte bzw. versteckte) Diskriminierungen, also wenn eine Regelung zwar neutral formuliert ist, aber deren konkrete Anwendung die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen nicht ausreichend berücksichtigt und diese so regelmässig diskriminiert. Dem Diskriminierungsverbot ist somit primär durch positive Massnahmen zu entsprechen. Daraus kann eine staatliche Leistungspflicht erwachsen, wie z. B. der Nachteilsausgleich.
«Das Gesetz gilt für: Aus- und Weiterbildung.» Das BehiG ist streng genommen nur dann direkt anwendbar, wenn die Regelungskompetenz beim Bund liegt. Der materielle Inhalt ist jedoch der gleiche für die Kantone (abgeleitet aus dem Diskriminierungsverbot der Bundesverfassung).
«Bei der Inanspruchnahme von Aus- und Weiterbildung liegt gemäss BehiG eine Benachteiligung insbesondere vor, wenn: a) die Verwendung behindertenspezifischer Hilfsmittel oder der Bezug notwendiger persönlicher Assistenz erschwert werden und b) die Dauer und Ausgestaltung des Bildungsangebots sowie Prüfungen den spezifischen Bedürfnissen Behinderter nicht angepasst sind.» [1]
 

[1] Eine Benachteiligung liegt gemäss BehiG Art. 2 Abs. 2 vor, wenn Menschen mit Behinderungen «rechtlich oder tatsächlich anders als Nichtbehinderte behandelt und dabei ohne sachliche Rechtfertigung schlechter gestellt werden als diese, oder wenn eine unterschiedliche Behandlung fehlt, die zur tatsächlichen Gleichstellung Behinderter und Nichtbehinderter notwendig ist».

Die Beseitigung einer Benachteiligung kann von Menschen mit Behinderungen beim Gericht oder der Verwaltungsbehörde verlangt werden, sofern die Beseitigung verhältnismässig ist. Anders als im Baubereich gibt es für diese Anpassungen keine allgemeinen Normen – die Gerichte haben diese zu konkretisieren.

  • Kantonale Verfassungen, die in einzelnen Kantonen deutlich weiter gehen als die Vorgaben auf Bundesebene (für den Kt. ZH z. B.: Art. 11, Abs. 2 und 4 resp. Art. 138).

 

In der internationalen, von der Schweiz ratifizierten UN-Behindertenrechtskonvention ist insbesondere der Art. 24 von Bedeutung, jener der Bildung. In Zusammenhang mit Art. 8 Abs. 2 BV wird die Inklusion im Bildungsbereich verankert. Die UN-BRK formuliert Grundsätze, an denen sich die Entwicklung des Bildungssystems zu orientieren hat. Grundlegend ist:

  • Behindertenrechtskonvention: Art. 24, Abs. 5: «Die Vertragsstaaten stellen sicher, dass Menschen mit Behinderungen ohne Diskriminierung und gleichberechtigt mit anderen Zugang zu allgemeiner Hochschulbildung, Berufsausbildung, Erwachsenenbildung und lebenslangem Lernen haben. Zu diesem Zweck stellen die Vertragsstaaten sicher, dass für Menschen mit Behinderungen angemessene Vorkehrungen getroffen werden.»


Von besonderer Bedeutung sind hier die in Art. 24, Abs. 2, lit. c genannten angemessenen Vorkehrungen, welche verlangen, dass vorausplanende Massnahmen ergriffen werden, um die Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen sicherzustellen. Damit können Einzelmassnahmen, die oftmals zu spät erfolgen und so zu Benachteiligungen führen, vermieden werden. Dazu gehört z. B. der hindernisfreie bauliche und technische Zugang zur Hochschule oder die Implementierung einer hindernisfreien Didaktik, für welche die Lehrpersonen vorgängig geschult und beraten werden müssen.

 

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